Sichtbeton-Mängel
Bereits 1960, d.h. vor mehr als 60 Jahren, publizierte der Sachverständige Raimund Probst
einen Artikel „Sichtbeton – eine Modetorheit“ mit dem Ziel, zum VORdenken zu
provozieren. *)
Noch heute, obwohl Sichtbeton schon seit vielen Jahren ein beliebtes Gestaltungs- und
zugleich Bauelement darstellt, zeigen immer wieder neue Schadensfälle und zahlreiche
optische Negativbeispiele eine Unkenntnis in der Handhabung und Verarbeitung des Baustoffes
Beton. Auch der Unterschied zwischen Sichtbeton und sichtbarem Beton scheint in vielen
Fällen unklar zu sein.
Es gibt Architekten-Kollegen, die anscheinend lieber bunte Bilder malen und über Farben
diskutieren, statt den ausführenden Firmen Details zur Verfügung zu stellen. Sie verwechseln
Bauwerke mit Bühnenbildern. Es ist Aufgabe des Architekten, alle Erkenntnisse zu
beschreiben, sei es mit Worten (im Leistungsverzeichnis) oder anhand von Zeichnungen.
Ausführungszeichnungen müssen alle für die Ausführung bestimmten Einzelangaben – unter
Berücksichtigung der Beiträge anderer an der Planung fachlich Beteiligter – enthalten (d.h.
auch Materialangaben, Materialstärke usw.). Diese dienen als Grundlage der
Leistungsbeschreibung und Ausführung der baulichen Leistungen.
Aufgrund relativ kurzer Planungszeit wird häufig auf Ausführungsdetails verzichtet. Deren
Lösung wird dem örtlichen Bauleiter überlassen, der damit oftmals überfordert ist. Der
Architekt kann sich bei einem Baumangel nicht herausreden, „die Firma hätte ja Bedenken
anmelden müssen ...“. Wogegen hätte die Firma Bedenken anmelden müssen, wenn keine Details
vorlagen?
Wenn im Rahmen der Planungspflichten entscheidend wichtige Detailpunkte gar nicht
dargestellt werden – wie im Fall einer sogenannten „Nullplanung“ – ist bei Eintritt eines
Schadens im direkten Zusammenhang mit dieser Detaillösung von einem Planungsfehler
auszugehen.
Fehler sowie lückenhafte Planungsunterlagen und Leistungsbeschreibungen sind an der
Tagesordnung. Die fehlerhafte Planung wird Vertragsbestandteil für den Auftragnehmer. Zur
Verhinderung eines daraus resultierenden Ausführungsfehlers sind Bedenkenanmeldungen und
Nachträge des Auftragnehmers erforderlich.
Es gibt in der VOB/ C 63 Gewerke, von den Erd- bis zu den Gerüstarbeiten.
All diese Gewerke muss der Architekt oder der planende Ingenieur eindeutig und erschöpfend
durchdenken, ausschreiben und überwachen. Damit ist er häufig über-fordert. Planungs- und
Ausführungsfehler sind daher vorprogrammiert.
Dieses Buch soll auch weiterhin als Arbeitsmedium der Baupraxis dienen. Daher war eine
Aktualisierung erforderlich. Neu gewonnene Erkenntnisse und Erfahrungen aus der Praxis sowie
geänderte DIN-Normen und u.a. das DBV-Merkblatt „Sichtbeton“ werden in das überarbeitete und
erweiterte Buch mit einfließen.